 
 Kooperation zwischen HFF München und den Münchner Kammerspielen: WOHIN JETZT? Jüdisches (Über)leben nach 1945
24.10.2025
Kooperation zwischen HFF München und den Münchner Kammerspielen: 
WOHIN JETZT? Jüdisches (Über)leben nach 1945
zum kompletten Programmheft der Reihe MK: WOHIN JETZT?
04. - 08. November 2025 
 
„Relektüren. Intersektionale und postmigrantische Perspektiven auf das deutsche Kino und Fernsehen der erweiterten Nachkriegszeit“
 
Das Blockseminar lädt zu einem postmigrantischen und intersektionalen Reading ausgewählter Nachkriegsfilme ein und rückt marginalisierte Perspektiven und widersprüchliche Lesarten in den Fokus. Intersektional meint dabei in der Verschränkung von u.a.: jüdisch, queer (im weitesten Sinne, auch sexarbeitend), behindert und für verrückt erklärt, sinti*roma, etc. Als theoretischer Hintergrund für die Relektüre der Filme dienen Texte zu Antisemitismuskritik und Antiziganismus. Antisemitismus, Antiziganismus und Queerfeindlichkeit sind wesentliches Erbe moderner Gesellschaften und weisen nicht-lineare Kontinuitäten in Europa auf. Das Seminar befragt, worin sich antisemitische, antiziganistische, ableistische und queerfeindliche Stereotype ausdrücken und inwiefern sie als (Dis-)kontinuitäten fortbestehen. Welche Formen nehmen sie an, etwa als ‚Othering‘, als Gewalt, als scheinbare Kapitalismuskritik, als Weltverschwörung, etc.? Wie werden sie filmisch thematisiert und verhandelt (nicht reproduziert)? Gemeinsam werden wir auch widerständige und widersprüchliche Perspektiven in Filmen sichtbar machen, die in der dominanzgesellschaftlichen Rezeption übersehen werden/wurden.
 
Anmeldung bitte per Mail: t.royale@hff-muc.de (Der Tagesplan wird zugeschickt)
 
Das o.g. Seminar findet als Kooperation im Rahmen der Reihe „Wohin jetzt? Jüdisches (Über)leben nach 1945“ der Münchener Kammerspiele statt und lädt außerdem zu folgenden Veranstaltungen ein: 
 
06.11. um 18 Uhr, Audimax: „Den Kopf zwischen den Schultern trägt jeder für sich“, Alfred Döblins Polenreise, 60 Min. BR 1992 (zu Gast auf ein Nachgespräch Regisseurin Vera Botterbusch)
Durch progromartige Vorfälle in Berlin veranlasst und um sich auf die Suche nach seiner eigenen jüdischen Herkunft zu begeben, unternahm der deutsche Schriftsteller Alfred Döblin 1924 eine Reise nach Polen. Zwei Jahre später veröffentlichte er „Die Polenreise“. 
In Polen glaubte Döblin noch eine ausgeprägte jüdische Kultur vorzufinden. 
Doch die Reise wird nicht nur zu einer persönlichen Spurensuche. Vielmehr setzt sich Döblin während seines Polen-Aufenthalts auch mit der Geschichte dieses Landes auseinander; der junge Staat, der erst seit 1918 existierte, bot eine interessante Folie, um grundsätzliche Reflexionen über politische Möglichkeiten und Gefahren anzu-stellen. Seine Beschreibungen der jüdischen Lebenswirklichkeiten, auch in den Ghettos, vermitteln das Bild einer bereits erloschenen und verstummten Kultur, die trotzdem bei sich zu sein schien. Sie zeigen mit ihrer Verankerung und Geborgenheit im Glauben ein Kontrastbild zur Zerrissenheit des modernen Menschen. 
Die Münchner Film-Autorin und Regisseurin Vera Botterbusch ist - mit dem heutigen Erfahrungshorizont, zu dem auch schmerzhaft der ‚Holocaust’ gehört - der Route Döblins gefolgt: nach Warschau. Lublin, Wilna (heute die Hauptstadt Litauens), (dem heute ukrainischen) Lemberg, Krakau, Lodz und Danzig.
Da, wo Ansätze für ein neues jüdisches Leben zu verzeichnen sind (wie in Vilnius, wo seit ein paar Jahren in einer jüdischen Schule wieder jiddisch und hebräisch gelehrt werden) führt diese Spurensuche wie ein Hoffnungsschimmer in die Zukunft. 
 
07.11. 16-19 Uhr, Glasspitz über Therese-Giehse-Halle, Münchener Kammerspiele: 
Workshop „Schönheit im Bruch, Anfang im Nichtwissen“
An beiden Tagen widmen sich die Teilnehmenden in zwei Workshops dem deutschen Nachkriegsfilm. Studierende der HFF und Macher*innen von „Blickpunkte“ werden im ersten Workshop „Schönheit im Bruch, Anfang im Nichtwissen“ den erzählerischen Formen des deutschen Nachkriegsfilms, sowie den Lücken in der Überlieferung nachspüren. 
 
Dabei werden Filmausschnitte, Stills und Tonelemente aus studentischen
HFF-Produktionen der 60er bis 90er Jahre, die sich mit Nachkriegsdeutschland, Erinnerung
und Auslassungen auseinandersetzen, betrachtet. Die Archivfragmente werden anschließend projiziert und um eigene Analysen und Assoziationen collagenartig erweitert.
 
Workshopleitung: Marvin Krause, Gretel Ribka, Daya Sieber
 
(leider nicht barrierfrei zu erreichen)
 
08.11. 10-14 Uhr, Glasspitz über Therese-Giehse-Halle, Münchener Kammerspiele: Abschluss-Workshop„Sohrab Shahid Saless und der deutsche Nachkriegsfilm“
 
Im Abschluss-Workshop „Sohrab Shahid Saless und der deutsche Nachkriegsfilm“ nähern sich die Workshopteilnehmer*innen dem Film „Hans – Ein Junge in Deutschland“ (1985) an. Der Workshop befragt unterschiedliche Voraussetzungen, sich mit deutschen Nachkriegsrealitäten auseinanderzusetzen und ergründet Sohrab Shahid Saless‘ Filmschaffen mit Text- und Bildmaterial in der BRD. 
Im Anschluss wird der Film bei einem öffentlichen Screening in der Therese-Giehse-Halle gezeigt und von Tucké Royale kommentiert.
 
Workshopleitung: Prof. Tucké Royale
 
(leider nicht barrierfrei zu erreichen)
„Hans – Ein Junge aus Deutschland“ ist eine Adaption des autobiografischen Romans „Die blaue Stunde“ von Hans Frick. Erzählt wird die Jugend von Hans, Sohn
einer deutschen Fabrikarbeiterin und eines unbekannten jüdischen Vaters inmitten der deutschen Gesellschaft des Nationalsozialismus. Mutter und Sohn leben gemeinsam mit der kranken Großmutter in einer kleinen Wohnung im Frankfurter Gallusviertel. Sie sind fortwährenden Beschimpfungen durch die mit antisemitischer
Obsession verbundenen Kleinbürger*innen sowie den Luftangriffen ausgesetzt, die Frankfurt seit Kriegsbeginn heimsuchen. Eines Tages steht die Gestapo vor der Tür. Hans flieht.
Drehbuchautor und Regisseur Sohrab Shahid Saless erzählt in seinem zweieinhalb-stündigen Epos von antisemitischen Kontinuitäten im westdeutschen Nachkriegsdeutschland unter amerikanischer Besatzung. Hierin gibt es keine Zäsur, keine „Stunde Null“.
 
Anschließend gemeinsame Diskussion mit Tucké Royale