Filmscreening und Q&A: „Den Kopf zwischen den Schultern trägt jeder für sich“, Alfred Döblins Polenreise
28.10.2025
Ein Film von Vera Botterbusch
60 Minuten/ BR 1992
06.11. um 18 Uhr, Audimax: „Den Kopf zwischen den Schultern trägt jeder für sich“, Alfred Döblins Polenreise, 60 Min. BR 1992 (zu Gast auf ein Nachgespräch Regisseurin Vera Botterbusch mit Prof. Tucké Royale)
Durch progromartige Vorfälle in Berlin veranlasst und um sich auf die Suche nach seiner eigenen jüdischen Herkunft zu begeben, unternahm der deutsche Schriftsteller Alfred Döblin 1924 eine Reise nach Polen. Zwei Jahre später veröffentlichte er „Die Polenreise“.
In Polen glaubte Döblin noch eine ausgeprägte jüdische Kultur vorzufinden.
Doch die Reise wird nicht nur zu einer persönlichen Spurensuche. Vielmehr setzt sich Döblin während seines Polen-Aufenthalts auch mit der Geschichte dieses Landes auseinander; der junge Staat, der erst seit 1918 existierte, bot eine interessante Folie, um grundsätzliche Reflexionen über politische Möglichkeiten und Gefahren anzu-stellen. Seine Beschreibungen der jüdischen Lebenswirklichkeiten, auch in den Ghettos, vermitteln das Bild einer bereits erloschenen und verstummten Kultur, die trotzdem bei sich zu sein schien. Sie zeigen mit ihrer Verankerung und Geborgenheit im Glauben ein Kontrastbild zur Zerrissenheit des modernen Menschen.
Die Münchner Film-Autorin und Regisseurin Vera Botterbusch ist - mit dem heutigen Erfahrungshorizont, zu dem auch schmerzhaft der ‚Holocaust’ gehört - der Route Döblins gefolgt: nach Warschau. Lublin, Wilna (heute die Hauptstadt Litauens), (dem heute ukrainischen) Lemberg, Krakau, Lodz und Danzig.
Da, wo Ansätze für ein neues jüdisches Leben zu verzeichnen sind (wie in Vilnius, wo seit ein paar Jahren in einer jüdischen Schule wieder jiddisch und hebräisch gelehrt werden) führt diese Spurensuche wie ein Hoffnungsschimmer in die Zukunft.