Menu Icon Menu Icon Arrow Icon Arrow Icon Plus Icon Plus Icon Minus Icon Minus Icon HFF Logo HFF Logo

Lesung im Bahnwärter Thiel am 6. September um 19 Uhr

14.09.2016

Am Dienstag, 6.9.2016, um 19:00 lesen Christiane Huber, Sanne Kurz und Friedrich Ani im Bahnwärter Thiel, Bernd-Eichiger-Platz 1, München, Geschichten und Gedichte von der Wanderbank.

Die Ausstellung mit Fotos zum Projekt, Gedichten und der original Wanderbank läuft vom 3.-12- September 2016. Sie ist rund um die Uhr öffentlich zugänglich zwischen Bahnwärter Thiel und HFF München. 

Zu allen Veranstaltungen ist der Eintritt frei.

 

Am Dienstag, 6.9.2016, um 19:00 liest der Münchner Schriftsteller Friedrich Ani, der immer wieder als Gast auf der Wanderbank von Huber&Kurz Geschichten sammelte, aus seinen aus den Eindrücken dieser Zeit entstandenen Werken. Berührende Gedichte um die Menschen und ihre Schicksale. Lyrik vom Bahnhof.

Die Ausstellung mit Fotos zum Projekt, Gedichten und der original Wanderbank läuft vom 3.-12- September 2016. Sie ist rund um die Uhr öffentlich zugänglich zwischen Bahnwärter Thiel und HFF München. Eintritt jeweils frei.

Seit drei Jahren bereisen die Münchner Künstler Huber&Kurz die Bahnhöfe Bayerns mit ihrer Wanderbank. 

In Kooperation mit den Bahnhofsmissionen steht die Bank im Bahnhof, der als gelebter öffentlicher Raum begriffen wird.
Eine Geschichtensammlerin sammelt auf der Bank Geschichten der Menschen im Bahnhof. Reisende, die kurz vorbei schauen, Passanten, die verweilen, Klienten der Bahnhofsmission, die im und am Bahnhof leben, Bewohner der Städte, die vom Besuch der Wanderbank in der Zeitung gelesen haben. Neugierig kommen sie zu der, die da auf der Bank sitzt, und vermeintlich nichts tut. Nach einer Weile fällt im Schweigen das erste Wort: „Was machen Sie denn eigentlich hier auf der Bank?“ - „Ich? Ich bin Geschichtensammlerin.“ 

Dann bricht es los, das Wetter aus Erlebnissen, Erinnerungen und Biografie. Geballt, gebündelt, von Christiane Huber gesammelt. Gewitter, Sturm, Hagel, Blitz, aber auch Sonne und leichte Brisen: Der DB-Sicherheit Angestellte, der an Schulen über Gefahren an Bahnanlagen aufklärt, und schockierende Todesfälle mit sich herum trägt, der Mann, der Dachdecker war, schon lange Platte macht, aber immer noch perfekte Dachstühle zeichnet, die Pilgerin, über 80, die jedes Jahr sechs Wochen von Schweden nach Rom wandert und in einem Schlafsack im Wald nächtigt, weil es nur da sicher ist, die Ukrainische Romani-Oma mit einem goldenen Lachen, die „im Lager“ schläft und sich außer „Lager“ nur mit Händen und Füßen auf Deutsch verständigt, der Vater, der seinen Sohn vor fünf Tagen verlor, und gelesen hat, dass er es hier jemandem erzählen kann, der Mann, dessen Leben von einem Hund gerettet wurde, die Freunde, die ständig im Knast oder besoffen sind, aber sich gegenseitig aus dem Gröbsten raus halten, wie sie sagen, die Dame, die viel in Amerika reiste, und jetzt meist Sehnsuchtszug fährt und nicht zuletzt die alte Bekannte im Rollator, die an jedem Bahnhof mit dabei ist, denn sie lebt quasi im Zug „Wissen Sie, daheim, da komm’ ich die Treppe ja so schlecht hoch. Zugfahren kann ich kostenlos. Da bin ich versorgt.“

Etliche ihrer schwarzen Bücher hat die Münchner Künstlerin Christiane Huber mit diesen Aufzeichnungen gefüllt. Russisch, Ungarisch, Bulgarisch, Französisch gelernt. Häkelmuster und Bilder gezeigt bekommen. Gedichte von Blinden gehört, Bilder von Hobbyfotografen betrachtet, Einstichnarben von Croc-Usern mit selbstgebastelten Schlüsselanhängern gesehen.
Die Performance bei Wind und Wetter im Freien strenge sie an, sagt Huber, mache sie aber auch sehr glücklich.
Psychologie und Schauspiel hat sie in München studiert, bevor sie in New York ein Kunststudium aufnahm, um ihre Arbeit noch mehr zu fokussieren:

„Die Bank steht für mich auch als Symbol für eine Rückeroberung des öffentlichen Raumes. Die Leute müssen ja nichts erzählen hier. Sie dürfen essen, schlafen, Zeitung lesen. Es ist selten geworden, dass man einen Raum findet, in dem niemand nichts von einem will. Und in dem man dennoch zusammen kommt. Das Zusammenkommen der Leute, reich und arm, alt und jung, deutsch und von anderswo, ohne Ziel und Zwang, das war immer wieder sehr beeindruckend und auch berührend auf der Bank.“

Sanne Kurz, Filmemacherin und Kamerafrau, begleitet das Geschehen fotografisch. „Es geht mir hierbei mehr darum, den Menschen eine Bühne zu geben. Ich bin wie der Zauber-Spiegel, der den Leuten sagt: Ja, Du bist wunderschön! Oft sind es Menschen, die sehr lange kein Foto mehr von sich bekommen haben. Manche posieren stolz, alle haben eine wahnsinnige Energie."

Staatsministerium und IN VIA Bayern unterstützen das Projekt, weil auch Arbeit in ihrem Sinne geleistet wird: „Der Mensch lebt ja nicht nur vom Brot allein.“ ist von den unterstützenden Bahnhofsmissionen zu hören.
Ansätze dieser künstlerisch-performativen Arbeit fliessen auch in weiterführende, nachhaltige Sozialprojekte, die inspiriert von der Wanderbank von Huber&Kurz in einigen Regionen aufgenommen wurde. So gibt es in Würzburg und Aschaffenburg aktuell von der Wanderbank inspirierte Sozialprojekte, die Künstlerinnen Huber&Kurz waren an der Stiftungs-Fachhochschule München eingeladen, um über ihren künstlerisch-performativen Ansatz der Biografie-Arbeit zu sprechen, im Herbst geht es weiter mit Performances vor Ort in den Bahnhöfen.

Der Münchner Schriftsteller Friedrich Ani unterstützte das Projekt als Gast und Co-Geschichtensammler auf der Wanderbank. Seine Eindrücke hat er zu Gedichten verarbeitet.